WiYou - Ausgabe 04/2013 - page 6

Dein Engagement
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In einer Ecke stehen Rechner, Laptops und ein kleines
Mischpult.
Von der Kellerdecke hängt an der Schnur das
Sendemikrofon. Das ist schon (fast) alles, was gebraucht wird,
um auf vier Kanälen rund um die Uhr Musik, professionelle
Weltnachrichten und den regionalen Polizeibericht zu senden.
Aus den Boxen schallen Songs in glasklarer digitaler Reinheit,
eine Moderatorenstimme verkündet „und das waren die
Nachrichten von Temporadio Radiosender“. Der Moderator
liest für viele Sender Nachrichten und wird als Tondatei von
außen zugeliefert. Nur der Datei­Teil mit dem Sendernamen
wurde extra fürs „Temporadio“ gesprochen.
Benno Schorcht,
im Hauptberuf Fliesenleger mit eigener
Firma, auch als DJ für Feste aller Art im Umland bekannt, hat
keinen Sende­Stress und Zeit für ein Plauderstündchen mit ei­
ner Tasse Kaffee. „Bennos Kellerparty“, seine eigene Sendung,
hat noch Sommerpause bis zum 12. September. Dann wird er
wieder gemeinsam mit Freunden Künstler aus verschiedenen
Musikrichtungen vorstellen – oft auch neue und unbekannte,
denn „unbekannte Leute pushen – das macht den meisten
Spaß. Linda Hesse zum Beispiel haben wir lange vor allen an­
deren gespielt.“
Die Künstler bedanken sich mit liebevoll handgeschriebenen
Widmungen auf ihrem neuesten Album, Musikpromoter wol­
len wissen, wie die Zuhörer reagieren.
Meistens aber sendet
der Automat, vom Server, da draußen, in der „Internet Cloud“.
Es gibt einen Kanal für Rock und Pop von den 80ern bis heute,
einen für deutsche Schlager, einen für Elektro­, Dance­ und
House­Musik und einen reinen Oldie Kanal mit Songs aus der
Es ist nur ein ganz normales Wohnhaus am Rande von Jena. Ruhig gelegen, Wald und Naturschutzgebiet sind ein paar Schritte entfernt.
Keine Leuchtreklamen, kein Firmenschild, keine Fahnen wehen imWind. Am Klingelschild klebt ein Zettel: „Besucher für Temporadio links
ums Haus gehen, dann eine halbe Treppe tiefer.“ Die Sendezentrale von „Temporadio­Das Webradio für Jena, Weimar, Apolda, SHK und
Thüringen“ ist ein etwa 10 Quadratmeter großer Keller mit separatem Eingang vom Garten. Darin eine Sitzecke mit Campingstühlen. Hier
kann man in Ruhe was trinken, wenn beim Grillen der deutsche Sommer die Regenschauer übers Land treibt.
World Wide Radio:
Aus dem Keller in die Welt
Petticoat­ und Rock’n‘Roll­Ära. Jeder Kanal ist mit 800 bis 1.000
sorgsam ausgesuchten Musiktiteln bestückt, welche ein
Zufallsgenerator dann „On Air“ befördert. Kein Titel läuft mehr
als einmal am Tag.
Es war wohl das Gedudel der immer gleichen 08/15 Musik­
Konfektionsware und die Tatsache, dass viele tolle Songs in
den Programmen einfach nicht vorkommen.
Oder das immer
gutgelaunte, nervige Moderatoren­Gequassel auf anderen
Sendern. „Wir zoffen uns auch mal während der Sendung. Da
es eine Zeitverzögerung von 28 Sekunden gibt, bis es hier aus
den Lautsprechern zurück kommt, können wir das oft nochmal
nachhören. Das macht dann den meisten Spass.“
Auf jeden Fall war es eine Party­Idee,
die dazu führte, dass
der Freundeskreis um Temporadio­Chef Michael Voigt Ende
2009 „auf Sendung“ ging. Millionen hören noch nicht zu, meist
sind es ein paar hundert, aber „von Anfang bis heute steigen
die Zahlen kontinuierlich an. Manchmal ist das Feedback gera­
dezu unheimlich.“
Per E­Mail kommen Musikwünsche herein, auch Grüße wer­
den auf Wunsch versendet.
Selbst Beschwerden, wenn mal
keine Sendung kam, wurden bereits registriert. Campino von
WiYou . Wirtschaft und Du . Ausgabe 4­2013
Fotos: Julien Christ/pixelio.de, P. Mock
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